„Fluchtwege“

Marianne Ach liest am Apian-Gymnasium.

Es herrscht eine Stimmung der positiven Erwartung im großen Lesesaal der Bibliothek: Angekündigt ist eine Schriftstellerin, die in München lebt und aus ihrem neuen Buch „Am Horizont kein Zeichen“ lesen wird. In den letzten 10 Jahren sind bereits vier Bücher von ihr in Romanform erschienen, davon der „Blechsoldat“ in einer 2.Auflage. Und Marianne Ach erzählt den SchülerInnen aus der Q 11 auch davon, wie sie versucht hat, bei allen Büchern auf die Gestaltung des Covers beim Verlag Einfluss zu nehmen. Die Wirkung auf den Leser, das ist ihr wichtig.

Marianne Ach liest vor drei Deutschkursen
Marianne Ach liest vor drei Deutschkursen

Das zeigt auch die Lesung des ersten Textes: Es geht um „Fluchtwege“, Vertreibung der Sudetendeutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges. Ihr Mann hat das erlebt.
„Die Reihe der Flüchtenden ist ein langes, schwarzes Tier in der weißen Landschaft, das langsam vorankriecht, manchmal verharrt als wäre es tot, sich streckt, dann wieder zusammenzieht. Zwischendurch in leichte Verrenkungen oder Zuckungen verfällt.
Zuerst werden uns die Finger abfrieren, dann die Zehen, denkt Frau Jahn, das Herz ganz zuletzt.“
Ruhig klingt die Stimme der Autorin im Raum, hohen Konzentration bei den ZuhörerInnen.
Intensiv sind die Fragen, die sich anschließen, verknüpft immer wieder mit Hinweisen, die die Q-Schüler von ihren Großeltern oder anderen Verwandten über diese Zeit haben. Aufmerksam hört M. Ach zu, gibt präzise Antworten, erzählt – auf Nachfrage – auch aus der Familiengeschichte ihres Mannes.

Die Autorin im Gespräch
Die Autorin im Gespräch
M. Ach liest konzentriert aus „Am Horizont kein Zeichen“
M. Ach liest konzentriert aus „Am Horizont kein Zeichen“

Zwangsläufig geht es weiter in die Gegenwart, die Thematik von Vertreibung, Asylsuche und Migration holt uns in Deutschland und Europa zur Zeit ein, drängt sich auf, nimmt uns gefangen, zwingt uns zur Stellungnahme, auch hier in Ingolstadt, am Apian-Gymnasium.
„Vergiss, wo du herkommst“, sagt die Mutter in Nigeria zu ihrem Sohn Ibrahim, bevor sie ihn wegschickt nach Europa, und so heißt auch die zweite Geschichte, die Marianne Ach liest. Was geht in der Mutter vor, die ihren Sohn – als letzten Ausweg – in die Fremde schickt, ihm alles ersparte Geld mitgibt, und was geht im Sohn von?
„Meine Mutter, die Königin“, so antwortet Ibrahim Herrn Frank, der ihm in Deutschland Fragen stellen muss.
Wieder fragen die SchülerInnen voll konzentriert nach, und wieder antwortet M. Ach. Sie unterrichtet in München seit elf Jahren ehrenamtlich Asylbewerber und Migranten in der deutschen Sprache, und sie kennt die Probleme im Bereich von Integration und Eingliederung, den langen und oft mühsamen Prozess. Aber: Deutschland muss sich stellen, wir haben keine andere Wahl, und es gibt auch die ethische und humanitäre Verpflichtung, so stellt die Autorin eindeutig klar. Diese differenzierten und ehrlichen Antworten ziehen die jungen Leute in Bann, dies wirkt authentisch, wie sie es später schriftlich formulieren.

Nach der Lesung
Nach der Lesung
M. Ach signiert ihr Buch für eine Schülerin
M. Ach signiert ihr Buch für eine Schülerin

Eher am Rande – aufgrund der aktuellen Flüchtlingsproblematik – stehen bei der Veranstaltung die Geschichten des zweiten Erzählkreises aus „Am Horizont kein Zeichen“: Es geht um „Wörter für die Liebe“, und M. Ach liest eine Liebesgeschichte, die in Rom spielt, die – sehr poetisch – die Vergänglichkeit von Gefühlen in der Liebe darstellt.
Großer Applaus zum Schluss, eine Veranstaltung, die Lust macht auf mehr (Literatur), die so nahe ist an Fragen der Gegenwart, Lust auch auf die Begegnung mit Literatur durch die Person des Autors, der Autorin.
Dank zuletzt an den Elternbeirat, der die Veranstaltung finanziell unterstützt hat: Ganz sicher eine sinnvolle Investition in die kulturelle und ethische Kompetenz unserer Schülerinnen und Schüler.

Andreas Betz, StD

„Besonders gefallen hat mir, dass Frau Ach auf die Fragen der Schüler eingegangen ist und auch ihre eigene Meinung zu kontroversen Themen zum Ausdruck gebracht hat. Ihre Geschichten halte ich für sehr tiefgründig und besonders aktuell.“ (Magdalena Wenz)

„Es war interessant, die Geschichten von der Autorin selbst vorgelesen zu bekommen und Anlass bzw. Hintergründe zu erfahren. Besonders gut fand ich jedoch, als Marianne Ach ihre ehrliche persönliche Meinung über die aktuelle Flüchtlingslage ...dargelegt und auch ihre eigenen Erfahrungen aus dem Kontext mit Flüchtlingen geschildert hat. Denn dadurch wirken auch nachträglich ihre verfassten Fluchtgeschichten noch viel authentischer und stehen in Bezug zur jetzigen Zeit.“ (Judith Claus)

„...Die Lesung von Marianne Ach war für mich also eine vollkommen unterhaltsame, aber auch nachdenklich machende Veranstaltung, die mich vor allem durch eine sehr offene Autorin um viele Gedanken und Anregungen bereicherte.“ (Markus Eberl)

„Ich fand die Lesung sehr beeindruckend. Besonders faszinierend war es für mich, die Hintergründe zu einigen Kurzgeschichten zu erfahren und wodurch Marianne Ach die Inspiration zu diesen bekam. ... Für mich war es eine sehr spannende Erfahrung, die Autorin eines Buches persönlich zu sehen, da normalerweise die Schriftsteller dem Leser nur ‚als Namen‘ bekannt sind. (Ramona Schwarzenberger)

„...Als Fazit würde ich es für sinnvoll erachten, eine Autorenlesung im Ausbildungsabschnitt 11/2 beizubehalten“. (Lukas Steinzhorn)

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